Stress und Burnout
Stress wird oft als ausschließlich äußeres Übel betrachtet, dem man hilflos ausgeliefert ist. Es ist daher wichtig, ein differenziertes Verständnis von Stress zu entwickeln, das sowohl externe als auch interne Faktoren berücksichtigt. Tatsächlich wird Stress in der Psychologie als ein Schlüsselbegriff verstanden, der die komplexen Wechselwirkungen von Körper, Seele und Umwelt beschreibt.
Was ist Stress?
Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf Situationen, in denen hohe Anforderungen gestellt werden. Der Organismus versetzt sich in Alarmbereitschaft und bereitet sich darauf vor, mehr leisten zu können. Diese Reaktion ist im Grunde nützlich, da sie helfen kann, neue Fähigkeiten zu erlernen und Herausforderungen zu meistern. In Zeiten, in denen das Überleben im Vordergrund stand, war diese Anspannung besonders vorteilhaft – unsere Vorfahren konnten durch diese körperliche Alarmbereitschaft punktgenau auf Flucht oder Kampf vorbereitet sein. Die Alarmbereitschaft löst verschiedene Prozesse aus und führt zur Ausschüttung von Botenstoffen – sogenannten Stresshormonen – wie Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol.
Die körperliche Ebene von Stress
Auf der körperlichen Ebene resultiert Stress in einer Vielzahl von Veränderungen, die eine Aktivierung und Energiemobilisierung bewirken. Dazu gehören ein schnellerer Herzschlag, erhöhte Muskelspannung und beschleunigte Atmung. Zudem wird das Immunsystem bei einer akuten Stressreaktion kurzzeitig aktiviert. Gleichzeitig werden Körperprozesse, die für die Alarmbereitschaft nicht notwendig sind, zurückgefahren, wie beispielsweise die Aktivitäten von Magen, Darm und Blase.
Die behaviorale Ebene von Stress
Stress äußert sich jedoch nicht nur körperlich sondern auch auf einer behavioralen und kognitiv-emotionalen Ebene. Vorallem auf längere Sicht werden diese beiden Ebenen immer deutlicher spürbar:
Die behaviorale Ebene der Stressreaktion umfasst das beobachtbare Verhalten in belastenden Situationen, also alles, was die betroffene Person tut oder sagt. Ist man gestresst, werden manche hastig und ungeduldig, lassen Pausen ausfallen oder verkürzen sie, sprechen schneller. Andere wiederum zeigen ein stärkeres Betäubungsverhalten, greifen häufiger zur Zigarette, haben Heißhunger, trinken mehr Alkohol oder Kaffee, nehmen mehr Schmerz-, Beruhigungs- oder Aufputschmedikamente ein. Viele zeigen ein unkoordiniertes Arbeitsverhalten, indem sie beginnen mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, sich sprichwörtlich in die Arbeit stürzen, Dinge verlegen, verlieren oder vergessen und ihre Arbeit weniger Planung, Übersicht oder Ordnung bekommt als sonst. Auch ein konfliktreicher Umgang mit anderen Menschen wie z.B. ein aggressives, gereiztes Verhalten gegenüber Familienangehörigen oder häufige Meinungsverschiedenheiten um Kleinigkeiten kann Ausdruck von Stress sein.
Die kognitiv-emotionale Ebene
Die kognitiv-emotionale Ebene der Stressreaktion umfasst intrapsychische Vorgänge, die für Außenstehende unsichtbar sind. Dazu zählen alle Gedanken und Gefühle, die in belastenden Situationen auftreten können. In solchen Momenten spricht man oft innerlich typische Sätze, erlebt Gedanken der Hilflosigkeit oder Minderwertigkeit. Diese inneren Prozesse führen zu Versagensängsten, der Angst vor Blamage, innerer Unruhe, Nervosität, Gehetztsein, Unzufriedenheit oder Ärger.
Häufig verstärken sich die körperlichen, behavioralen und kognitiv-emotionalen Stressreaktionen gegenseitig, was zu einer Verlängerung und Intensivierung des Stresses führt und letztlich in einem Teufelskreis endet. Die Alarmbereitschaft wird zum Dauerzustand, ständige Anspannung, Nervosität und Hektik prägen den Alltag, und das Gefühl, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, wird allgegenwärtig. Dieser Zustand belastet sowohl Psyche als auch Körper.
Krank durch Stress
Bei anhaltendem Stress können neben den typischen Stresssymptomen chronische oder wiederkehrende Erkrankungen auftreten. Dazu zählen Verdauungsprobleme wie Reizdarm- oder Reizmagensymptome, Magenschleimhautentzündungen, Magengeschwüre und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch die Psyche leidet unter anhaltendem Stress: Dauerhafte Erschöpfung und das Gefühl des „Ausgebranntseins“ können zu einem Burnout-Syndrom führen. Chronischer Stress erhöht das Risiko für psychische Störungen wie Angst- und Panikzustände oder Depressionen. In extremen Fällen ziehen sich stark gestresste Menschen zurück und greifen zu Drogen oder Alkohol, um dem Chaos und den kreisenden Gedanken vorübergehend zu entfliehen.
Raus aus der Stressfalle
Wie ein Auslöser tatsächlich zum Stressor wird:
Jeder Mensch nimmt Stress unterschiedlich wahr, was das Stressempfinden zu einer subjektiven Erfahrung macht. Für manche Menschen ist Stress allgegenwärtig und wird als unangenehm oder sogar bedrohlich empfunden. Andere hingegen fühlen sich selten gestresst und erleben Stress eher als anregend und herausfordernd. Entscheidend für das Verständnis des Stressgeschehens ist die subjektive Einschätzung der Anforderungen und der eigenen Fähigkeiten. Es spielt keine Rolle, ob die Situation objektiv eine Überforderung darstellt; entscheidend ist unsere persönliche Wahrnehmung und Interpretation. Das Stresserleben wird also nicht von der objektiven Realität bestimmt, sondern davon, wie wir die Situation erleben und deuten – sei es aufgrund falscher Erwartungen, zu hoher Ansprüche an uns selbst oder mangelnder Erfolgserfahrungen.
Neben dem Stressempfinden variieren auch die Bewältigungsstrategien von Person zu Person. Besonders zwischen Männern und Frauen gibt es oft Unterschiede: Männer neigen dazu, Stress durch riskante Verhaltensweisen wie Alkoholkonsum, aggressives Verhalten oder Verdrängung zu bewältigen. Frauen suchen häufiger soziale Unterstützung, reagieren ängstlich oder ziehen sich zurück.
Fazit
Um langfristig weniger Stress zu empfinden, ist es also wichtig, sowohl äußere Faktoren zu reduzieren als auch die inneren Grundüberzeugungen und Denkmuster zu hinterfragen, die immer wieder zu Stress führen. Während das Ausmisten äußerer Belastungen hilfreich sein kann, ist es unerlässlich, sich mit den inneren Überzeugungen und Denkprozessen auseinanderzusetzen, die dazu führen dass man immer wieder so sehr in Stress gerät. Gerade wenn es um den Umgang mit Stress geht, gilt es, einen Blick auf seine Stressbewältigungsstrategien zu legen und diese gegebenenfalls so zu adaptieren, dass sie langfristig stressreduzierend wirken.